Nico Hofmann als Intendant
Dem alten Mythos
neue Fragen stellen
Nico Hofmann ist seit 2015 Intendant der Nibelungen-Festspiele in Worms. Diese Aufgabe war für den Kurpfälzer Nico Hofmann, der in Heidelberg geboren und in Mannheim aufgewachsen ist, von Anfang an auch eine Herzensangelegenheit. Theater war schon früh eine Leidenschaft – seine ersten Filme entstanden gemeinsam mit Schauspielern des Nationaltheaters Mannheim. Enge Beziehungen hatte Nico Hofmann auch zum Theater Heidelberg in der Ära Peter Stoltzenberg und in München schließlich hospitierte er während seines Studiums an der Hochschule für Film und Fernsehen bei Dieter Dorn an den Münchner Kammerspielen. Der junge Regisseur entdeckte am Theater viele Schauspieler für seine Filme.
Nico Hofmann übernahm die Intendanz von seinem Vorgänger Dieter Wedel, der die Wormser Festspiele seit der ersten Premiere im Jahre 2002 in Personalunion als Intendant und Regisseur geleitet hatte. Nico Hofmann kooperierte in Worms am Anfang mit dem Theater- und Filmregisseur Thomas Schadt als künstlerischem Leiter, mit dem er bereits bei mehreren Filmprojekten zusammengearbeitet hatte. Beide verpflichteten für jede neue Spielzeit einen Regisseur und Autor und ein Ensemble, dass vor allem für junge Talente offenstand.
Nico Hofmann in Worms
Der programmatische Ansatz der Intendanz ist es bis heute, den historischen Nibelungenstoff zeitgemäß mit relevanten Interpretationen immer wieder neu zu erfinden. Für Nico Hofmann, der sich bereits als Film-Regisseur und Produzent intensiv mit der deutschen Vergangenheit auseinandergesetzt hat, ist der Nibelungen-Stoff problematisch, da dieser im Nationalsozialismus Kultstatus erreichte und eine große Rolle in den Filmen und Masseninszenierungen der Nazi-Propaganda spielte. Für den Intendanten verkörpert die Nibelungensage aber auch einen Mythos mit großer Tradition, den er – mal behutsam, mal disruptiv – immer wieder mit heutigen universellen Fragestellungen konfrontieren will. Zentrale Arbeitsmethode ist dabei, den Nibelungenstoff von hochkarätigen Autorinnen und Autoren abwandeln und überschreiben zu lassen. Zu Beginn der Intendanz schöpfte der Schriftsteller Albert Ostermeier aus dem reichen Nibelungenschatz in freier Adaption drei neue Dramen, die jeweils vor dem Dom in Worms zur Uraufführung kamen: GEMETZEL (2015), GOLD (2016) und GLUT (2017). Der Chefdramaturg des Schauspiels Köln, Thomas Laue, übernahm 2017 die künstlerische Leitung der Festspiele von Thomas Schadt. Danach haben die beiden Autoren Feridun Zaimoglu und Günter Senkel mit SIEGFRIEDS ERBEN (2018) die Nibelungensage fortgeschrieben. Nico Hofmann und Thomas Laue konnten aufgrund ihres breiten Netzwerks nicht nur immer wieder hochkarätige Autoren und Regisseure verpflichten, sondern auch populäre Schauspielerinnen und Schauspieler, die den Erfolg beim Publikum weiter steigerten: Klaus Maria Brandauer, Sunnyi Melles, Uwe und Jimi Blue Ochsenknecht, Jürgen Prochnow, Dominic Raake, Jürgen Tarrach, u.v.a.
Für die internationale Theaterszene sind diese Festspiele und die einmalige Atmosphäre der imposanten Freiluftbühne vor dem Wormser Dom ein besonderer, in manchen Sommern fast magischer Ort. Worms lockt auch ein offenes und neugieriges Publikum, das nicht nur an dem immer auch farbenfrohen, prächtigen Spektakel und hochkarätigen Society-Event interessiert ist, sondern in den historischen Sagen auch nach Antworten auf Fragen unserer Zeit sucht.
Die Erfolgsbilanz von Nico Hofmann als Intendant und Thomas Laue als künstlerischer Leiter lässt sich an den steigenden Zuschauerzahlen ablesen: Jede Saison war zu mindestens 90 Prozent ausverkauft. Der Neustart nach der Corona-Pandemie verlief in Worms im Gegensatz zu vielen anderen Spielstätten im deutschsprachigen Raum sehr gut und die Festspiele 2022 waren wiederum ein großer Publikumserfolg. Im Laufe der Jahre gelang es dem Festival, das Publikum zu verjüngen und zu internationalisieren. Das liegt auch am modernen Programm. So waren die Festspiele 2023 auf und hinter der Bühne und in den Publikumsrängen so jung wie nie zuvor. Mit der Uraufführung von BRYNHILD (2023) wurde zum ersten Mal in der Geschichte der Festspiele mit Maria Milisavljević eine weibliche Autorin und mit Pınar Karabulut eine weibliche Regisseurin verpflichtet. Ein junges und diverses Ensemble hinterfragte die traditionellen Männer- und Frauenbilder.
Im Juli 2024 wird mit Spannung die Uraufführung von DER DIPLOMAT des Autorenduos Feridun Zaimoglu und Günter Senkel unter der Regie von Roger Vontobel erwartet. Beleuchtet wird eine bedeutende deutsche Sagengestalt, die im Nibelungenkosmos aber nur am Rande auftaucht: Dietrich von Bern, der seine Krone und sein Land verliert, weil er sich weigert, in einer blutigen Schlacht darum zu kämpfen. Damit kommt die aktuelle und relevante Frage auf die Bühne, wie sich ein Krieg verhindern lässt, den eigentlich keiner will und der trotzdem unvermeidbar scheint.
Im März 2024 verlängerte der Gesellschafterausschuss der Festspiele die Verträge mit ihm und dem künstlerischen Leiter Thomas Laue bis zum Jahre 2028. Unter Hofmanns Intendanz hätten sich die Nibelungen-Festspiele in den zurückliegenden Jahren „zu einem kulturellen Höhepunkt des Landes mit bundesweiter Anziehungskraft entwickelt“, begründete der Wormser Oberbürgermeister Adolf Kessel (CDU) diesen erneuten Vertrauensbeweis.