Nico Hofmann als Regisseur

Die Leidenschaft der Selbsterforschung

Nico Hofmann mit Mathias Allary und Katrin Ammon bei Dreharbeiten während der Hochschulzeit in München
Mit Mathias Allary und Katrin Ammon bei Dreharbeiten
während der Hochschulzeit in München

Nico Hofmann studierte nach einem zweijährigen Volontariat bei der Tageszeitung Mannheimer Morgen Regie an der Hochschule für Fernsehen und Film in München. 1988 wurde er für sein Kinodebüt LAND DER VÄTER, LAND DER SÖHNE mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet, eine zutiefst persönliche Auseinandersetzung mit der Verstrickung der Generation seines Vaters im Nationalsozialismus und im Zweiten Weltkrieg. In dem Film, der auf dem Tatsachenroman Großes Bundesverdienstkreuz von Bernt Engelmann beruht, macht sich ein junger Journalist auf die Suche nach den Lücken in der Biografie seines Vaters. Damit hatte Nico Hofmann in seinem künstlerischen Schaffen eines seiner zentralen Lebensthemen gefunden, das ihn als Regisseur und Produzent im Laufe der Jahre immer wieder intensiv beschäftigen sollte. Damit traf er auch den Nerv einer Generation, die von der 68er-Bewegung sozialisiert wurde, oder – wie er selbst – in den 70er-Jahren aufwuchs. In der politischen und persönlichen Auseinandersetzung mit den Vätern ging es damals immer auch um die NS-Vergangenheit, um das Durchbrechen des großen Schweigens der Väter, die oft verstört und voller Gefühlskälte aus dem verbrecherischen Krieg zurückgekehrt waren und dann ihre Traumatisierung an die Generation der Söhne und Töchter weitergaben.

In seinem erfolgreichen Debütfilm bildete Nico Hofmann bereits seine professionelle Herangehensweise aus, die seinen Stil bis heute prägt: Am Anfang steht die Leidenschaft für Themen und Inhalte, die mit journalistischer Neugier in einer tiefgehenden Recherche hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Relevanz und Diskursfähigkeit überprüft und aufgearbeitet werden. Gleichzeitig beginnt der Regisseur und spätere Produzent mit einer intensiven Selbstbefragung der eigenen Erfahrungen und Schlüsselerlebnisse auch aus dem eigenen familiären oder privaten Kontext. Das verstärkt seine Motivation, dieses Thema authentisch und mit eigenem Herzblut zu erzählen. Sein Credo lautet: Ein Regisseur und ein Produzent muss für sein Thema brennen, um es in einem schwierigen Film- und TV-Markt ohne inhaltliche Abstriche realisieren zu können. Nur so entsteht für Nico Hofmann die hohe Qualität, die die Zuschauer fesselt und zugleich die gesellschaftliche Relevanz eines Stoffes.

Land der Väter, Land der Söhne (1988)
Szene aus LAND DER VÄTER LAND DER SÖHNE (1988)
Corinna Harfouch und Götz Geore in SOLO FÜR KLARINETTE (1998)
Corinna Harfouch und Götz George in SOLO FÜR KLARINETTE (1998)

Diese Herangehensweise, mit großer journalistischer Neugier Charaktere und Lebenswelten zu erkunden, befähigte den jungen Regisseur auch in den neunziger Jahren, mit seinen Filmen DER SANDMANN (Adolf-Grimme-Preis in Gold, Bayerischer Filmpreis) und SOLO FÜR KLARINETTE eindringliche Milieustudien zu erschaffen, mit denen Nico Hofmann das deutsche Thrillergenre nachhaltig prägte. Das Genre des Thrillers lässt dem Filmemacher einen psychologischen Spielraum, die seelischen Abgründe seiner Protagonisten auszuloten. Dabei wurde Nico Hofmann stark vom französischen Filmemacher Jean-Pierre Melville beeinflusst, der in DER EISKALTE ENGEL eine intensive Atmosphäre der Einsamkeit und Melancholie des Einzelgängers schuf. Hofmann interessierte bei seinen eigenen Thrillern vor allem das vielschichtige Zusammenspiel von Aggression, psychologischer Dynamik und Sexualität als Ventil. So wird in SOLO FÜR KLARINETTE (1998) das existentielle Drama zweier Menschen (gespielt von Corinna Harfouch und Götz George) erzählt, die beide versuchen, ihrer inneren Isolation zu entkommen und dabei ausweglos ihrer Selbstvernichtung entgegentaumeln. Dass eine radikal subjektive und komplexe Erzählung wie DER SANDMANN mit Götz George in der Hauptrolle bereits drei Jahre zuvor zum großen Publikumserfolg beim damaligen Privatsender RTL 2 avancierte, war für Nico Hofmann ein wichtiger Schritt in seinem Bestreben, anspruchsvolles Kino in das Fernsehen zu bringen. Damit demonstrierte er, dass die Hochkultur des Autorenfilms und der sogenannte „Massengeschmack“ im TV kein Widerspruch sein müssen und legte damit den Grundstein für seine erfolgreiche Karriere als Produzent, die 1998 nach 14 Jahren Regietätigkeit mit der Gründung der Produktionsfirma teamWorx begann.