Heute hat die Liz Mohn Stiftung den aktuellen Relevanzmonitor Kultur 2025 veröffentlicht. Bereits zum zweiten Mal hat diese Studie Daten zur gesellschaftlichen Akzeptanz und Nutzung von Kulturangeboten in Deutschland erhoben. In diesem Jahr wurde erstmals das Zusammenspiel von Kultur und Demokratie untersucht. Das zentrale Ergebnis der Studie finde ich sehr ermutigend: Mit 90 Prozent betrachtet eine große Mehrheit der Bevölkerung Kultur als verbindendes Element in einer diversen Gesellschaft. Vier von fünf Befragten sehen Kultur als demokratiestärkendes Element und als Raum, der zum kritischen Denken und zur Meinungsbildung beiträgt.

Im Kuratorium der Liz Mohn Stiftung interessiert mich vor allem der Zugang von jungen Menschen zur Kultur. Hier kommt der Relevanzmonitor zu einem gemischten Ergebnis: Auf der einen Seite schätzen besonders junge Erwachsene unter 30 die Kultur als Inspirationsquelle und kreativen Reflexionsraum, der neue Sichtweisen eröffnet. Aber anderseits fühlen sie sich nicht abgeholt und wünschen sich experimentelle Formate, die ihre Lebensrealität stärker einbeziehen. Jugendliche fühlen sich zwar von Formaten der Hochkultur (Oper, klassische Musik) eher nicht angesprochen, gleichzeitig zeigt die Studie aber, dass Menschen unter 30 Jahren heute deutlich häufiger ins Theater gehen als noch vor zwei Jahren und mit 48 Prozent Konzerte außerhalb des Klassikbereichs besuchen. Dass für diese Generation Social Media mit 84 Prozent eine zentrale Rolle spielt, überrascht nicht.

Man kann diese Ergebnisse in zwei Richtungen interpretieren: Einmal aus kulturpessimistischer Sicht, dass die Jugend für die Hochkultur verloren ist, oder – und dafür plädiere ich: Unsere Gesellschaft muss ihren Kultur- und Medienbegriff erweitern. Der herablassende Blick auf Social Media übersieht, dass die junge Generation gerade bei Instagram alles über Filme, Bücher, Musik und Mode lernt. Es begegnen mir immer wieder Anfang 20jährige, die über eine ungeheure kulturelle Bildung verfügen, die sie sich fast ausschließlich in den sozialen Medien angeeignet haben. Und im Film- und TV- Bereich sehen wir, dass gerade cross-mediale Produktionen, interaktive Formate und KI-unterstütze Projekte bei jungen Leuten besonders erfolgreich sind.

Die bürgerliche Elite sollte deshalb ihre manchmal auch dünkelhaften Ressentiments gegenüber den Neuen Medien ablegen. Das ist vor allem vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion im Bundesland Hessen wichtig, Smartphones an den Schulen zu verbieten. Mit dem Smartphone haben junge Menschen die „Welt am Draht“ (R.W. Fassbinder) und eignen sich damit die Wirklichkeit an. Diesen Draht einfach durchzuschneiden, ist kontraproduktiv. Die Schulen sollten besser Kurse zur Medienkompetenz anbieten, statt die Jugend mit aussichtslosen Verboten zu traktieren. Medienkompetenz heißt aber auch, bewusst mit der digitalen Welt umzugehen, auch mit der Online-Zeit – hier ist weniger mehr.